Gegen das Vergessen
Gedenkstätte Buchenwald auf dem Ettersberg
478 m ü. M. – ehemaliges mitteldeutsches Randgebiet. Ein als Siedlungsstätte denkbar ungünstiger Ort. Relativ hohe Niederschlagshäufigkeit, ständige Temperaturschwankungen, klimatische Nachteile.
November 2013 – Ruhe. Einsamkeit. Kälte. Unbehaglichkeit.
Schon bei der langestreckten, holprigen Fahrt zum Lager lief es einem eiskalt den Rücken hinunter. „Blutstraße – Erbaut von den Häftlingen“ Eine Straße, die zu unzähligem Leid, unendlicher Trauer, Schmerz, aber auch Hass führt. Auf ihr sind tausende Menschen gelaufen, mit einem ihn selbst unbekannten Schicksal.
Ein großer Parkplatz. Wir nehmen unser Equipment. Gehen rein. „Jedem das Seine“ steht in der Eisentür für die Ewigkeit geschmiedet. Die große Kommandantur, unzählige Reihen an Stacheldraht. Große, martialische Scheinwerfer. Bereit jene auszuleuchten, die versuchen, ihr Leben wieder zu erlangen. Raus in die Freiheit. Doch wurde man vom Scheinwerfer erfasst, so musste man eine Heerschar an Kugeln in sich aufnehmen.
Wir gehen durch das Tor. Eine riesige Fläche, blickend ins Leere. Standort abgerissener Baracken. Letzte Station, für gepeinigte, geschlagene Frauen, Kinder, Männer, Väter, Töchter, Brüder, Söhne, Onkel, Tanten, Großväter und Großmütter. Es ist verdammt kalt. Der Wind ohrfeigt einen ununterbrochen. Jetzt fängt es auch noch an zu Regnen. Wie unzählige Nadelstiche prasselt der Regen ins Gesicht. Als würden tausende von Tränen vom Himmel herabregnen, um schmerzhaft an dieses diabolische Werk zu erinnern und zu mahnen.
Ein Gebäude mit Schornstein. Die Befürchtungen werden immer mehr zur Gewissheit, als wir am „Marterpfahl“ vorbeilaufen. Daneben ein alter Karren, auf dem sich die Toten häuften. Drinnen ein gefliester Seziertisch mit Wasserhahn. Ein gläserner Kasten mit altem Operationswerkzeug hängt an der Wand. Aber nicht um den Menschen zu helfen, sondern um mit ihnen Experimente durchzuführen, die noch einen Funken Leben in sich hatten.
Im nächsten Raum stehen die Öfen. Nein, nicht um Wärme zu erzeugen. Sondern um Menschen wie Schürholz zu verbrennen. Dieser Ort macht es einem wirklich nicht leicht.
Es wird langsam dunkel. Wir gehen und nehmen diese Erinnerung an das Schrecken mit uns. Nur einer von vielen Orten, an dem willkürliches Morden und Menschenquälerei an der Tagesordnung war. Der Entzug der Menschenwürde, nur weil man nicht die gleiche Herkunft, die gleiche Hautfarbe oder die gleiche Religion teilte.
„Ich bin niemals im Stande gewesen, die Gefühle zu beschreiben, die mich überkamen, als ich zum ersten Mal ein so unbestreitbares Zeugnis für die Unmenschlichkeit der Nazis und dafür vor Augen hatte, dass sie sich über die primitivsten Gebote der Menschlichkeit in skrupelloser Weise hinwegsetzten. […] Nichts hat mich je so erschüttert wie dieser Anblick.“
1937 – 1945 Konzentrationslager
238.980 Zugänge.
Höchste Belegstärke am 06.10.44 mit 89.134 Häftlingen.
Über 59.000 Menschen sterben an Exekution, Folter, medizinischen Experimenten und Auszehrung.
1945 – 1950 Sowjetisches Speziallager
Heute: Gedenkstätte gegen das Vergessen.
Quellen:
http://www.buchenwald.de
Zahlen: Der Buchenwald-Report. C.-H. Beck Verlag. (ISBN-10: 3406411681)
2 Responses to “Gegen das Vergessen”
Very poignant
Yes, it was a very affecting visit.